SV 90 siegt nach dramatischem Kampf in der Hauptstadt und holt das Finale nach Gräfenroda

Erleichterung, Tränen, Schmerzen – man kann diesen Wettkampftag kaum beschreiben. Der SV 90 Gräfenroda, aus dem kleinen 3150 Einwohner zählenden Ort in dem die Gartenzwerge heimisch sind, hat das schier Unmögliche erreicht: den Staffelsieg und das Finale der drei besten Mannschaften der 2. Bundesligen nach Gräfenroda zu holen. Was für eine Erfolgsgeschichte!

Nicht die beiden großen Vereine aus Berlin und München, die ein Millionenumfeld und schier unerschöpfliche Möglichkeiten haben und mit ausländischen Hebern verstärkt wurden haben es geschafft, sondern der kleine Verein aus Thüringen, der für seine hervorragende Nachwuchsarbeit bekannt ist und bei dem die Heber fast ausschließlich aus dem eigenen Nachwuchs kommen.  

Die junge Thüringer Mannschaft trat diese schwierige Fahrt nach Berlin ersatzgeschwächt an. Die starken Reißer Fritz Heyer, Marie Breitschuh, Elias Sensche und Christina Büller vielen verletzungs- bzw. arbeitsbedingt aus. So traten nur sieben Sportler die weite Reise nach Berlin an. Berlin hatte sich gut vorbereitet und setzte in der Trainingsstätte des Berliner TSC im Europasportpark neben dem Velodrom gleich vier starke Mädels, Truong Bach, Schulz, Ackermann  und Rat, im Reißen ein und war hier kaum zu schlagen. Und wie die Feuerwehr legten die Berliner los und steigerten ihre Leistungen zu den letzten Wettkämpfen gewaltig. 119 Punkte gelang ihnen in Gruppe eins. Da hatten die Gräfenrodaer um den erfahrenen Michael Holtmann der starke 97kg riss sowie Marko Meiselbach  dem 111kg gelangen kaum etwas dagegen zusetzen. Lediglich Julia Perlt zeigte mit drei Gültigen und 62kg im Letzten, dass sie mithalten konnte. Aber das Ziel, den Abstand nicht zu groß werden zu lassen, wurde mit 86,6 Relativpunkten erreicht. 32,4 Punkte Vorsprung für Berlin. Unmöglich aufzuholen – oder doch nicht? Jetzt zeigte sich die Klasse der Gräfenrodaer. Die 2. Gruppe war bärenstark, lies „keinen“ ihrer neun Versuche aus und kämpfte sich Punkt für Punkt heran.

Der diesmal über sich hinauswachsende, wahnsinnig kämpfende Philipp Stecklum, lieferte in seinen dritten Versuch mit 113kg die Steilvorlage für den Sieg im Reißen. Er führte Gräfenroda auf drei Punkte heran und der SV 90 hatte mit Andre Langkabel und Philipp Griebel noch zwei Versuche. Einer musste es schaffen. Die Trainer steigerten auf 139kg für Langkabel. Eine Last, die er noch nie geschafft hatte. Unter den Augen seines in Berlin lebenden Vaters, schaffte Langkabel diese gewaltige Last und alle Gräfenrodaer und einige mitgereiste Fans und Angehörige riss es von den Sitzen. Wahnsinn! Der schier für unmöglich gehaltene Punkt im Reißen war geschafft. Ohne Druck und mit großer Willensstärke schaffte auch Griebel die 142kg im letzten Versuch. So gewann Gräfenroda mit 206,5 zu 201 Relativpunkten, vor den rat- und spachlos wirkenden Berlinern.

Im Stoßen wechselten Berlin und Gräfenroda. Für Michael Holtmann musste sein Bruder Nico ran. Die Berliner konnten durch ihre starken Mädchen in Gruppe eins diesmal nicht so einen großen Vorsprung herausheben, auch weil Julia Perlt mit drei starken Versuchen und 78kg im Letzten glänzend mithielt und Nico Holtmann drei Gültige und 123kg gelangen. Auch Marko Meiselbach steuerte starke 50,6 Punkte bei. So führte Berlin nur mit 171 zu 153,1 also nur 17,9 Punkten. Jetzt kamen die starken Gräfenrodaer Stoßer zum Einsatz und der Wettkampf sollte eigentlich gelaufen sein. Philipp Stecklum mit 125kg, Andre Langkabel mit 158kg und Philipp Griebel mit 162kg, brachten Gräfenroda schnell in Führung, der Wettkampf schien gelaufen. Doch der Plan sollte nicht aufgehen- nur Stecklum schaffte seine 7 kg Steigerung. Was war passiert?

Andre Langkabel drückte beim Stoßen der 165kg leicht nach – ungültig. Philipp Griebel stieß die 167kg leicht nach vorn aus und konnte ihn nicht halten. Berlin war wieder dran. Nur ein Pünktchen Vorsprung für Gräfenroda, auch weil die Berliner Bröse und Hoffmann ihre dritten Versuche meisterten. Doch da kam wieder dieser starke Stecklum. Der erfahrene Kämpfer steigerte auf 135kg und schaffte auch diese Last ohne Mühe. Vier Punkte Vorsprung für Gräfenroda. Der letzte Berliner, Mösche, steigerte auf 145kg und wollte an Gräfenroda vorbei – aber es reichte nicht, die Last war für ihn zu schwer. Ohne Druck gelang jetzt auch Langkabel im Dritten die neue Bestleistung von 165kg. Philipp Griebel, der krankheitsbedingt leider im Trainingsrückstand war, konnte die 167kg auch im letzten Versuch nicht meistern.  

Sieg im Stoßen mit 341 zu 330 Relativpunkten, wie auch im Zweikampf mit dem neuen Vereinsrekord von 547,5 zu 531 Relativpunkten. Philipp Griebel wurde mit 118,2 Relativpunkten auch bester Heber, vor Andre Langkabel mit 112  Punkten. Am 4. Mai 2019 ist Gräfenroda nun Ausrichter des Finales der 2. Bundesliga gegen die mit vielen ausländischen Hebern verstärkten Mannschaften Weinheim und Speyer II.