Es gibt Tage im Gewichtheben, da scheint Unmögliches möglich zu sein – und das ist es, was das Gewichtheben ausmacht. Der SV 90 Gräfenroda fuhr am 15.11. nach Heinsheim mit dem Ziel, sich so gut wie möglich zu verkaufen und vielleicht ein kleines Pünktchen im Reißen mit nach Hause zu nehmen. Gegen den Tabellenführer in der Gruppe B der 2. Bundesliga erwartete den SV 90 eine schier unlösbare Aufgabe. Die Bad Rappenauer hoben viele Jahre bereits in Liga 1 und wollten im Kampf um den direkten Wiederaufstieg gegen Gräfenroda schon eine kleine Vorentscheidung erreichen. Neben dem aktuellen Olympiasieger, Welt- und Europameister Karlos Nasar, der diesmal nicht mit antrat, heben eine Vielzahl weiterer bulgarischer Spitzenathleten in den Reihen von Heinsheim. Gleich zwei davon konnten bei der Junioren- und U23-EM vergangene Woche in Albanien Medaillen erkämpfen. In der Gewichtsklasse bis 60 kg gewann Deniz Danev nach dem 4. Platz im Reißen Silber im Stoßen und im Zweikampf. Gabriel Marinov, in der Gewichtsklasse bis 65 kg bei der U23 am Start, konnte in allen Disziplinen Rang 3 erkämpfen und freute sich somit über drei Bronzemedaillen. Und diese beiden führten das Team der Heinsheimer an. Gräfenroda erreichte in einem bärenstarken Kampf mit 11 neuen Landesrekorden und einer Vielzahl an Bestleistungen das für unmöglich Gehaltene und entführte 2 Punkte im Reißen und Zweikampf aus Heinsheim – beim 650,6 zu 634,5.
In Gruppe 1 gingen drei bärenstarke Mädels vom SV 90 an den Start. Lotta Frank schaffte 3 gültige Versuche und stellte mit 63 kg ihre Bestleistung ein. Mit 45,5 Relativpunkten wurde sie die Beste der gesamten Gruppe 1. Franziska Erbert meisterte mit 70 kg nur ihren Anfangsversuch, stieg allerdings auch sehr hoch ein. Einen ganz starken Wettkampf zeigte auch die dritte im Bunde, Angelina Stenzel. Ebenfalls 3 gültige Versuche und die neue Bestleistung von 65 kg waren das Ergebnis. Heinsheim wollte mithalten und stieg ebenfalls sehr hoch in die Versuche ein. Bis auf einen gelangen sie – und dieser eine wurde zur tragischen Figur an diesem Heberabend. Der Heinsheimer Pfister scheiterte dreimal knapp an 89 kg. Gräfenroda führte, aber jetzt kamen die bulgarischen Spitzenheber.
Gegen Marinov mit 61 Relativpunkten und Danev mit 60 kämpften die Gräfenrodaer aufopferungsvoll an. Tamara Arunovic schaffte 2 gültige Versuche und 86 kg im besten. Yehor Melnyk – unter der Woche bestand der junge Mann die Fahrschule und reiste aus 1000 km Entfernung erstmals mit dem Auto an – gab im ersten Wettkampf für Gräfenroda alles. Nach 2 gültigen Versuchen blieb er bei dem letzten Versuch von 125 kg, der ganz knapp misslang, völlig erschöpft kurzzeitig auf der Bühne liegen. Aber Gräfenroda hatte ja noch Marc Pfeiffer, und der holte mit drei gültigen Versuchen und 120 kg im letzten den ersten Punkt für Gräfenroda. Gräfenroda führte mit 264,8 zu 221,5 Relativpunkten, aber die Heinsheimer waren im Stoßen unschlagbar.

In Gruppe 1 mussten die jungen Wilden alles riskieren. Lotta Frank schaffte sehr starke 70 kg im letzten Versuch. Franziska Erbert holte im 2. Versuch mit geschafften 86 kg neun neue Landesrekorde in verschiedenen Altersklassen. Und Angelina Stenzel wieder mit tollen neuen Bestleistungen und 88 kg im letzten Versuch. Damit steigerte sie ihre Zweikampfleistung um 5 kg und erzielte 110 Relativpunkte. Gräfenroda führte mit 175,5 zu 159,4.
In Gruppe 2 schaffte Tamara Arunovic 3 gültige Versuche und sehr starke 106 kg im letzten. Yehor Melnyk kämpfte verbissen, aber mehr als die 140 kg im ersten Versuch gelangen dem jungen Mann diesmal nicht. Die beiden Bulgaren drehten mit ihren ersten Versuchen den Wettkampfverlauf und ließen Heinsheim im Stoßen in Führung gehen.
Jetzt kam Marc Pfeiffer: Nach 140 kg im ersten stieß er 148 kg im zweiten Versuch. Das war eine Steigerung um 8 kg! Gräfenroda kam im Stoßen näher heran und führte noch im Zweikampf.
Jetzt der entscheidende Versuch von Marc: 153 kg. Kraftvoll setzte er diese Last um, und nach dem unglaublich guten Ausstoß schrie er seine Freude heraus. Das war der Versuch, an dem sich Heinsheim die Zähne ausbeißen sollte. Neuer Landesrekord ohnehin. Alle drei Heinsheimer steigerten trotzdem auf Sieg, aber der Vorsprung der Gräfenrodaer war jetzt zu groß. Der Zweikampfpunkt war sicher. Alle drei scheiterten an ihren hohen Lasten. Heinsheim gewann das Stoßen mit 413 zu 385,8 Relativpunkten.
Gräfenroda gewann den Zweikampf mit 650,6 zu 634,5 Relativpunkten – und alle lagen sich überglücklich in den Armen.
Da Böbingen fast zeitgleich gegen das Athletenteam aus Suhl und Schleusingen mit 616,6 zu 421 gewann, liegen sie verlustpunktfrei auf Platz 1, knapp dahinter Gräfenroda und Heinsheim. Am 6.12. wird in Gräfenroda die Halle beben, denn da kommt Heinsheim mit einem großen Reisebus und über 40 Fans nach Gräfenroda – und der Kampf um die Tabellenspitze folgt.